Vom Aufstieg des Content Marketings

In der Fülle von Werbebotschaften denen wir tagtäglich ausgesetzt sind, filtern wir gezielt nach Inhalten mit Mehrwert. «Content ist King!» schreien alle digitalen Marketer. Doch was bedeutet es wirklich, wenn Marketingbotschaften nicht mehr verkaufs-, sondern plötzlich inhaltsgetrieben sind? Und welche Auswirkung hat das für den Brand?

Am Anfang war der Mensch… dann kam das AIDA-Modell, dazwischen die 4 P’s und irgendwann dann das Internet. So oder ähnlich würde ich wohl in Kürze einem Ausserirdischen die Evolution des Marketings erklären. Und auch wenn dieser danach etwa gleich schlau wäre, trifft die Erklärung irgendwo ins Schwarze. Lange Zeit war dem Marketing nämlich eine Entmenschlichung nicht anzusprechen, wirkten etablierte Marketingmodelle zwar kundengetrieben, aber nur selten integrativ. Gerade zu Zeiten der Customer Journey, in der die Technologie den Alltag bestimmt, fühlen sich viele der existierenden Konzepte überholt und weltfremd an. Währenddessen feiert «Content Marketing» seine Renaissance indem es auf Beziehungen statt Werbeversprechen setzt. And here is why…

Warum gute Inhalte so wichtig sind

In der heutigen Aufmerksamkeitsökonomie – einer Wirtschaft, die von Massenproduktion und dem täglichen Wettbewerb um maximale Aufmerksamkeit geprägt ist – selektionieren Online-User sorgfältig, welche Werbebotschaften für sie relevant sind und welche nicht. Zweifelsohne passiert dies bei einigen Leuten bewusster als bei anderen, der Begriff «Hybrid-Kunde» finde ich dennoch treffend. In seinem Buch «hello brand» bezeichnet Tom Daske nämlich so die heutige Gesellschaft; eine Gesellschaft in der sich die Ansprüche an die Markenkommunikation grundlegend verändert hat. Für Unternehmen und Institutionen bedeutet dieser gesellschaftliche Wandel ein Umdenken von Image bildenden Massnahmen und Kampagnen hin zu sinnstiftenden Botschaften mit tatsächlichem Mehrwert für die Nutzerinnen und Nutzer. Statt Verkaufsversprechen rücken Inhalte in den Vordergrund, die von den Nutzenden geschätzt, für interessant oder hilfreich befunden werden. Insofern entwickeln sich Marken immer mehr zu gesellschaftlichen Akteuren, die in gesättigten Märkten mit kaum unterscheidbaren Angeboten und Dienstleistungen zunehmend auf das gesellschaftliche Engagement angewiesen sind. Durch den stärkeren Fokus auf Inhalte und deren Mehrwert sind Brands heutzutage gleichermassen Unternehmen wie Verlagshäuser – die Marketing-Fachkräfte nicht mehr Webetreibende, sondern Verlegerinnen und Verleger.

Das Konzept des Content Marketings

Die wirtschaftlichen und technologischen bedingten Entwicklungen sowie die daraus resultierenden Verhaltensmuster seitens der Bevölkerung machen deutlich, dass der Mensch ein zentrales Merkmal der heutigen Markenkommunikation sein muss. Joe Pulizzi, einer der Content-Marketing-Pionieren, behauptet gar, dass sich Nutzerinnen und Nutzer heutzutage nicht mehr für Marken, Angebote oder Dienstleistungen interessieren, sondern primär für sich selbst. Der Beziehungsaufbau zwischen Mensch und Marke muss deshalb im Zentrum stehen. Als inhaltsbasierte und auf die Bedürfnisse der Online-User ausgerichtete Disziplin ist Content Marketing momentan wohl einer der populärsten Marketingtechniken unserer Zeit – eine Erkenntnis, die auch in der Definition zum Ausdruck kommt.

«Content Marketing is the marketing and business process for creating and distributing valuable and compelling content to attract, acquire and engage a clearly defined and understood target audience – with the objective of driving profitable customer action.» (Joe Pulizzi)

Im Gegensatz zu anderen Marketingdisziplinen stellt Content Marketing die Inhalte und deren Qualität in Vordergrund. Marken prahlen nicht mehr von ihrer USP, sondern lassen Taten sprechen. Content Marketing setzt auf Emotionen, Unterhaltung und Interessanz und ist dabei weit weniger aufdringlich als die eher traditionellen Push-Marketing-Ansätze. Viele Bestrebungen gehen gar soweit, dass Nutzerinnen und Nutzer nicht mehr realisieren sollen, ob sie nun Werbebotschaften oder redaktionelle Inhalte konsumieren.

Nicht alles ist guter Content

Nun liegt es häufig im Auge des Betrachters zu beurteilen, welche Inhalte gut sind und welche nicht. Hierbei sei allerdings eines gesagt: Diese Grosszügigkeit herrscht bei den meisten Nutzerinnen und Nutzer nicht. Gemäss einer Studie von Sproutsocial liegt der Hauptgrund, wieso Online-User einem Brand entfolgen in der Tatsache, dass deren Inhalte schlecht, peinlich oder schlicht und einfach zu verkaufsorientiert sind. Die häufigsten Gründe, einem Brand zu folgen äussern sich durch: Interessanz, Unterhaltung oder einem tatsächlichen Mehrwert für den User. Zu schwammig? Hier mal ganz pragmatisch:

  • 3 Seiten lange und nicht weboptimierte Texte,
  • medial schlecht produzierte Videos (ja, auch Live-Videos),
  • visuell kaum erkenn- oder lesbare Flyer auf Plattformen wie Instagram,
  • eine Fülle von nicht an die Zielgruppe ausgelieferte Events auf Facebook usw.

gehören definitiv NICHT zur Kategorie gute Inhalte. Insofern lässt sich argumentieren, dass qualitativ gute Contents nie subjektiv sind, sondern stets das Prinzip des gemeinsamen Mehrwerts verfolgen. Dieses besagt, dass sämtliche von Unternehmen und Institutionen generierte Inhalte sowohl interne als auch externe Zielsetzungen verfolgen. Konkret: Sie zahlen auf die tatsächlichen Bedürfnisse der Online-User ein.

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Der gemeinsame Mehrwert des Content Marketings (eigene Darstellung angelehnt an «The Community Roundtable»)

Auch die richtigen Formate zählen

Nebst den Inhalten spielen im Content Marketing jedoch auch die Formate eine tragende Rolle. Diese Erkenntnis wird spätestens dann deutlich, wenn ein Missbrauch stattfindet – häufig das Resultat mangelnden Fachwissens. Darum gilt: Nebst den Inhalten verfolgen auch die dazugehörigen Formate das Prinzip des gemeinsamen Mehrwerts. Eigentlich logisch, oder? Not so much. Ich habe aufgehört zu zählen, wie oft ich auf Facebook über irgendwelche Text-Posts stolpere, die auf Events aufmerksam machen anstelle eines tatsächlichen Events. Oder es wird ein Bild geteilt mit 2’000 Zeichen Text und der Aufforderung «Mehr Informationen im angehängten Link», welcher ironischerweise erst dann sichtbar wird, wenn man die «Mehr Anzeigen»-Funktion betätigt. Darum: Stets vor der Veröffentlichung der Inhalte überlegen, welche Ziele mit den geteilten Inhalten verfolgt werden sollen und anschliessend das entsprechende Content-Format aus: Text-, Bild-, Video-, Audio-Content oder anderen Erzeugnisse wie etwa User-generated Content oder interaktiven Inhalten auswählen. Eure Community wird’s euch danken!

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